F: A. Bohnenstengel (CC-BY-SA-3.0)Im Demmelsdorfer Naturfreundehaus warten momentan mehrere alleinstehende Frauen und Männer sowie 5- und 6-köpfige Familien auf ihren Asylbescheid. In Roßdach sind es vorwiegend alleinstehende Männer aus Serbien, Georgien, Irak, Iran, Aserbaidschan, Vietnam und Äthiopien. Inzwischen sind auch aus Syrien erste Flüchtlinge eingetroffen. Viele sind traumatisiert und benötigen professionelle Hilfe. Da in bestimmte Länder recht zügig abgeschoben wird, kommt es in beiden Unterkünften in der letzten Zeit zu rasch wechselnder Belegung. Wir haben uns unter den Betroffenen in Roßdach und Demmelsdorf umgehört.


GRÜNE: In Ihrem Asylausweis ist vermerkt, dass Sie sich nur in einem bestimmten Radius um Bamberg bewegen dürfen. Was machen Sie, wenn Sie z. B. einen Termin bei einem Anwalt in Schweinfurt haben?
Herr G.: Ich muss vorher im Landratsamt Bamberg eine Ausnahmegenehmigung für diesen Tag beantragen, muss also noch einmal extra für den Bus bezahlen. Die Genehmigung kostet 10 Euro.

GRÜNE: Sie sind verpflichtet, bis zu Ihrem Bescheid hier in der Asylunterkunft zu wohnen, auch wenn Ihr Verfahren vielleicht Jahre dauert.
Frau P.: Das ist furchtbar. Mein Bruder hat mich vom Erstaufnahmelager in Zirndorf hierher gebracht. Er wohnt schon lange in einer anderen Stadt und hat nur eine kleine Wohnung, aber er würde für mich Platz machen und für mich sorgen. Hier muss ich allein zurechtkommen, wer soll mir helfen, wenn ich Briefe von der Behörde bekomme, die ich nicht verstehen kann? Es wäre doch auch billiger, der Staat bräuchte für mich überhaupt nichts zu bezahlen. Aber man bekommt einfach eine Adresse, und dort muss man hin.

GRÜNE: Was ist für Sie das größte Problem hier?
Herr M.: Dass man jeden Tag so völlig ungewiss lebt und überhaupt nichts zu tun hat. Man weiß nie, darf man bleiben oder muss man zurück. Wie lange dauert es, bis ein Bescheid kommt – Wochen, Monate oder Jahre? Jeder von uns zittert, ob vielleicht schon am nächsten Tag der gefürchtete Brief kommt. Wenn man wenigstens arbeiten könnte, würde man auch mal auf andere Gedanken kommen.
Herr S.: Auch die schwierige Busanbindung ist für uns ein Problem. Man überlegt zwei- oder dreimal, ob man wegen einer Erledigung fast 8 Euro für den Bus nach Bamberg bezahlt und beinahe den ganzen Tag unterwegs ist.

GRÜNE: Wie groß ist Ihre Chance auf einen positiven Asylbescheid?
Herr M.: Ich war hier schon beim Anwalt, aber er sagt, dass es sehr schwierig ist. Er empfiehlt mir, dass meine Frau und ich freiwillig in unsere Heimat zurückkehren. Sonst werden wir nach Polen abgeschoben, aber dort hat man mich auf unserer Durchreise erstmal verhaftet. Das war besonders für meine Frau hart, sie war da noch schwanger.

GRÜNE: Was haben Sie in Ihrer Heimat gemacht?
Herr M.: Meine Frau Hava und ich haben beide studiert, aber wegen meiner Religion bekam ich Probleme, ich wurde immer wieder verhaftet und verhört. Als meine Frau schwanger wurde, wurde uns das Risiko zu groß und wir haben beschlossen, unsere Heimat zu verlassen. Wir haben gehofft, hier leben und arbeiten zu können, aber es sieht sehr schlecht aus, wir müssen wohl zurück. Unser Sohn kam im Sommer hier in Bamberg zur Welt, vielleicht lernt er nun bald seine Großeltern kennen.

GRÜNE: Haben Sie hier auch positive Erfahrungen gemacht?
Herr M.: Ja, sehr viele. Einmal in der Woche kommen Studenten nach Roßdach und bringen uns ein bisschen Deutsch bei, ich habe schon viel gelernt. Wir freuen uns immer sehr auf deren Besuch. Sie bekommen dafür kein Geld. Oft nehmen uns Leute im Auto nach Roßdach oder nach Scheßlitz mit, die meisten sind sehr nett. Manchmal kann ich kleine Jobs für ein paar Euro machen, das hilft mir sehr, auch um den Anwalt zu bezahlen. Ich habe ein paar Tage für einen Mann gearbeitet, dem ich sehr dankbar bin, dass er meine Religion respektiert; ich muss zu bestimmten Zeiten meine Arbeit für ein Gebet unterbrechen, das war für ihn ganz normal.

Viele andere Schilderungen könnten wir hier noch anführen. Auch bei uns sind, wie überall, die Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen natürlich nicht unbegrenzt. Trotzdem sollte jeder Asylbewerber das Recht auf ein transparentes, faires und schnelles Verfahren haben. Wir wollen erreichen, dass auch Bayern sich von vielen unnötigen Regelungen, wie z. B. der „Residenzpflicht" verabschiedet, wie es schon fast alle Bundesländer getan haben.
Immerhin gibt es für Roßdach und Demmelsdorf seit August 2013 eine professionelle Asylsozialbetreuerin, die einmal pro Woche für ein paar Stunden den Betroffenen für Fragen zur Verfügung steht. Eine Forderung u. a. der GRÜNEN, der nach über eineinhalb Jahren endlich nachgegeben wurde; eine kleine menschliche Geste, die nicht kostenlos ist, aber sie ist das Mindeste an Aufmerksamkeit, die wir diesen Menschen entgegenbringen können.

Brigitte Finke
26.01.2014